Ambulant Betreutes Wohnen hat Lisas Traum wahr werden lassen

Symbolbild Erziehungspartnerschaft

An solchen Schlüsselband-Anhängern arbeitet die junge blinde Frau in einer Werkstatt – mit dem Heißschneider, das war ihr wichtig!  

​Besuch bei Lisa – wie lebt eine junge blinde Frau alleine in dieser Dachgeschosswohnung?

Als wir die Stufen hinaufgehen zu Lisas Wohnung, viele Stufen, bin ich erstaunt. Lisa öffnet stolz die Tür, und ich sehe als erstes Dachschrägen. Im Wohnzimmer, auch im Bad und in der Küche sind sie zu finden. Das ist insgesamt keine klassische Wohnung für eine junge Frau, die blind ist und hier alleine lebt. Aber es ist Lisas Wohnung und genau so hat sie hier einziehen wollen.

„Es waren viele kleine und dann große Schritte bis zu dieser Selbstständigkeit, die Lisa sich selbst gewünscht hat“, erinnert sich Biljana Weidlich. Zwei-, manchmal dreimal pro Woche nimmt sie die Betreuungsstunden bei Lisa wahr, hilft an Stellen, die schwierig sind, wenn die Sehkraft fehlt. Lisa und sie haben beispielsweise den Umgang mit Münzen und Scheinen geübt, ein System eingeführt, bei dem das Geld in verschiedene Kästchen für verschiedene Aktivitäten aufgeteilt ist. „Wir erfüllen den Hilfebedarf unserer Klient:innen so, wie sie es sich wünschen“, betont Biljana Weidlich.

Gemeinsam mit Kollegin Irene Klug koordiniert sie im Wellenbrecher-Büro Rheinland das Betreute Wohnen (BeWo) für Menschen mit Handicap. Rund 40 Klient:innen werden durch mehrere Betreuer:innen in ihrer Selbstständigkeit und ihrem Selbstbewusstsein gestärkt. Menschen mit Beeinträchtigung neue Perspektiven zu geben, das sei unendlich wertvoll, berichten die Fachkräfte aus der Praxis.

Lisa hat den Rundgang durch ihre Wohnung mit uns mittlerweile fortgesetzt. Alles liegt genau an Ort und Stelle. „Ich hasse Unordnung!“ Die junge Frau ist da sehr klar in ihren Aussagen – und im Wissen, dass Unordnung jeden ihrer Abläufe sofort durcheinander bringen würde. Unterstützt von Biljana und Team traut sie sich inzwischen Dinge, vor denen sie vor wenigen Jahren noch zurückgeschreckt wäre – und vor denen andere manchmal zuerst warnen.

Ein modisches Schlüsselband mit Anhänger liegt auf dem Tisch – Ergebnis der Arbeit, die Lisa in einer Werkstatt verrichtet. „Du weißt, wie wir diese Seile in Stücke trennen?“ Lisa lächelt mich an. „Ich arbeite mit einem Heißschneider, das ist nicht ungefährlich!“ Einerseits hat sie es verstanden, als der Gruppenleiter ihre Bitte nach Einweisung zunächst verneint hat. Lisa weiß, wie achtsam sie sich vor Verbrennungen schützen muss. Andererseits hat sie wieder und wieder danach gefragt. „Ich bekomme ja Hilfe bei der Arbeit, will mich auch gar nicht auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren. Das kann ich nicht. Aber mit dem Heißschneider zu arbeiten – ich habe es geschafft.“ Eine junge selbstbewusste Frau, die trotz der Erblindung zumeist fröhlich ihren Weg geht, bringt uns zur Tür. Biljana befestigt vorher noch fix eine Tast-Markierung am Backofen-Schalter, die sich gelöst hatte. An den Dachschrägen vorbei geht es viele Stufen hinunter auf unseren Rückweg. So viele Eindrücke nehme ich mit.

Der Besuch bei Lisa war einer der intensivsten Termine im bisherigen Jahr 2023 für die WB-Öffentlichkeitsarbeit.

Unser Team für das Ambulant Betreute Wohnen für Menschen mit Handicap im Büro Rheinland sucht aktuell dringend personelle Verstärkung. Engagierte pädagogische Fachkräfte sind uns willkommen.

Weitere Informationen zu unserem Angebot „Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Handicap“ stehen hier.