Erfahrungsbericht einer Mutter von Kindern in einer Pflegefamilie

Symbolbild Erziehungspartnerschaft

Bei dem Bild handelt es sich um ein Symbolbild für Erziehungspartnerschaften.

​Interview

Können Sie sich kurz vorstellen?
Gerne. Ich bin Mutter, 29 Jahre alt, und habe vier Kinder, diese sind zwischen 3 und 10 Jahren alt. Alle vier Kinder leben in unterschiedlichen Pflegefamilien bzw. in einer Wohngruppe. Ich lebe gemeinsam mit meinem jetzigen Partner in einer gemeinsamen Wohnung.

Sie haben ja zwei Kinder, die jeweils in einer Pflegefamilie von Wellenbrecher leben. Wenn Sie sich erinnern, was waren Ihre ersten Eindrücke von den Pflegeeltern? Wie war das am Anfang für Sie?
Am Anfang hatte ich sehr viel Angst davor. Aber die Pflegeeltern haben mir direkt ein gutes Gefühl gegeben. Ich hatte große Sorge, dass sie mir mein Kind wegnehmen wollen und ich vielleicht keine Rolle mehr in dem Leben meiner Kinder spielen werde. Doch das ist gar nicht so. Es ist alles entspannt und locker. Wir sind zu einem guten Team geworden.
Ich weiß zum Beispiel noch, dass ich die Pflegemutter von meinem jüngsten Sohn mit ihm gemeinsam hier im Büro zum ersten Mal getroffen habe. Wir haben dann mit ihm gemeinsam auf dem Boden gesessen und gespielt.
Man muss dazu sagen, dass der Kleine noch sehr jung war als er von mir weggekommen ist. Da war die Bindung zu mir so gut wie weg, und der Kontakt war zunächst sehr distanziert. Es besteht eine große Bindung zur Pflegemutter und dann fand ich das super, dass die Pflegemutter so geschult war und mich sehr unterstützt hat, wieder Bindung aufzubauen. Zu dem Zeitpunkt war ich noch sehr traurig und hätte nicht gedacht, dass sich das noch einmal wieder so gut entwickeln würde. Aber die Pflegemutter ist wirklich toll und hat z.B. Bilder von uns – auch von früher – im Kinderzimmer aufgehängt.
Ich muss wirklich sagen, dass ich mich auch entwickelt habe. Am Anfang war ich eine sehr ängstliche Mutter, aber durch das Vertrauen, was mir hier auch entgegengebracht wurde, konnte ich dann auch selber sagen „Ja, ok“. Manchmal wollte ich auch Besuchskontakte verschieben, weil ich Angst hatte, aber dann hat meine Beraterin von Wellenbrecher mir gut zugesprochen und gesagt: „wir schaffen das schon“. Das hat mir sehr geholfen.

Also wurden Sie von ihrer Beraterin quasi ein wenig an die Hand genommen?
Ja genau. Ich war ja wirklich so. Dann habe ich angerufen, wollte wieder einen Kontakt verschieben, und dann war auch die Regelmäßigkeit nicht so gut, und meine Beraterin hat mir da immer wieder Mut zugesprochen. Und heute freue ich mich schon ein, zwei Wochen vorher auf den Kontakt. Jetzt will ich die Termine nicht mehr verschieben, sondern erkundige mich eher, ob es auch auf jeden Fall dabeibleibt.

Toll. Ich finde Sie können stolz auf sich sein, dass sich das so gut entwickelt hat!
Wie erleben Sie die Beratung und Begleitung durch Wellenbrecher allgemein? Was hilft Ihnen?
Alles. Ich habe auch schon gesagt, es ist schade, dass nicht alle 4 Kinder bei Wellenbrecher sind, sondern nur die beiden Kleinen. Die beiden älteren Kinder sind über andere Träger untergebracht. Da setzt sich keiner mit mir hin und versucht, mich und die Kinder wieder näher zueinander zu führen. Bei Wellenbrecher ist auch die Atmosphäre ganz anders, viel familiärer. Ich finde es schön, wie liebevoll die Pflegemütter auf mein Leben, meine Kinder, aufpassen. Mit Umarmungen, mit Gute-Nacht-Küsschen. Das ist bei meinen anderen Kindern gar nicht so, da ist es so kalt, so gefühlskalt. Die Kinder sind da und müssen funktionieren, aber die emotionale Wärme fehlt da, also sehe ich da nicht. Die Pflegeeltern von Wellenbrecher melden sich auch mal so und schicken Bilder über das Handy vom Urlaub oder berichten einfach mal kurz, wie es den Kindern geht. Bei den anderen Pflegefamilien muss ich hinterherhören.

Telefonieren sie auch manchmal miteinander?
Ja, das kam auch schon mal vor. Und bei meinem Sohn hatten wir auch schon mal eine Familienrunde. Da kamen die Pflegemutter, meine Beraterin und ich online mit Video zusammen und haben uns ausgetauscht. Das war cool, da konnte man nochmal über Dinge sprechen, die die Kinder nicht immer direkt so mitbekommen sollen. Das war ganz praktisch.

Und wie ist das aktuell, wie oft sehen Sie ihre beiden Jüngsten? Gibt es da einen festen Rhythmus?
Bei meiner Tochter soll es jetzt wieder regelmäßiger werden. Bei meinem jüngsten Sohn bekomme ich es schon gut hin, ihn sehe ich alle 4 Wochen. Da merkt man es auch, aber da muss man auch erstmal hereinkommen. Bei allen 4 Kindern passiert es mir auch mal, dass ich ein Telefonat vergesse oder einen Kontakt nicht einhalten kann.

Und was machen Sie dann bei den Treffen?
Das ist ganz unterschiedlich. Mit dem Jüngsten war ich jetzt oft hier im Büro in dem Spieleraum. Und meine Tochter hat mich letztens mit der Pflegemutter zu Hause besucht. Das war wirklich hammermäßig. Daran habe ich gar nicht geglaubt, dass mein Kind auch zu mir kommen kann. In mein Zuhause, wo auch ihre ganzen Bilder hängen und und und. Damit habe ich niemals gerechnet.

Und wie ist es dazu gekommen, dass ihre Tochter zu Ihnen nach Hause gekommen ist?
Die Pflegemutter hatte so eine Holzküche und einen Holzeinkaufladen abzugeben und hat mich gefragt, ob ich das für das Kinderzimmer haben möchte, sonst würde es wegkommen. Da habe ich gesagt: „Ja gerne, aber wie soll ich die Sachen hier herbekommen?“. Da hat die Pflegemutter vorgeschlagen, dass wir das mit einem Besuchskontakt bei mir verbinden können. Dann sind sie gekommen, und wir haben zusammen im Kinderzimmer gesessen und haben gespielt, gemalt, Kekse gegessen und lustige Fotos gemacht. Das war wirklich toll.

Erinnern Sie sich noch an einen besonders schönen Besuchskontakt?
Ja im Winter haben wir z.B. einen Lebkuchen-Zug zusammengebaut und mit Süßigkeiten verziert. Oder was auch toll war, vor Weihnachten haben wir ein Treffen gemacht, wo wir dann auch kleine Geschenke ausgetauscht haben. Und mein Sohn hat mir ein Foto in einem Herzrahmen geschenkt. Und ich saß da und hatte wieder Tränen in den Augen. Da hat die Pflegemutter berichtet, dass sie zusammen einkaufen waren und er den Rahmen selber ausgesucht hat und ihn „Mama Mimi“* schenken wollte. Also er nennt mich „Mama Mimi“* und die Pflegemutter „Mama Tina“*. Das habe ich jetzt auf meinem Schlafzimmerschränkchen stehen.
Aber eigentlich sind alle Besuchskontakte schön. Es gibt immer wieder besondere Momente. Ich merke von Mal zu Mal, wie unsere Beziehung zueinander auch immer wieder stärker wird. Beim letzten Mal z.B. wollte mein Sohn gar kein Ende im Besuchskontakt finden.

Wie ist das für Sie, dass ihr Sohn „Mama“ zu der Pflegemutter sagt?
Klar tat das am Anfang weh. Da musste ich auch weinen, und es hat gebraucht, bis ich verstanden habe, dass mein Kind dort in einer Familie lebt und er mitbekommt, dass die anderen beiden leiblichen Kinder der Pflegemutter auch „Mama“ sagen. Und er wird da auch behandelt wie die anderen Kinder. So war es irgendwann dann für mich naheliegend, dass er die Pflegemutter eben auch „Mama“ nennt. So hat er eben zwei Mamas. Eine Mama, bei der er im Bauch war und eine Mama, die jeden Tag auf ihn aufpasst. Mittlerweile bin ich der Pflegemutter auch wirklich dankbar dafür, dass sie so gut auf mein Kind, auf mein Leben, aufpasst.

Wie schön aus der Sicht Ihres Sohnes, dass er zwei Mütter hat, die sich um ihn kümmern?
Mein Sohn gibt sogar manchmal ein bisschen damit an vor seinen Pflege-Geschwistern (lacht).

Gibt es noch was, was Sie anderen Eltern mit auf den Weg geben möchten?
Vertrauen und mitarbeiten, nicht gegeneinander arbeiten, denn damit macht man es sich und seinem Kind viel leichter. Wenn man miteinander arbeitet und man seinem Kind dem Platz lässt, sich zu entwickeln. Statt, dass das Kind einen immer nur traurig sieht und man immer nur an ihm herumzieht. Da hat niemand was von. Am Anfang habe ich echt sehr gelitten und war sehr traurig, aber jetzt kann ich die Situation so annehmen, wie sie ist, und dadurch sind auch die Kinder entlastet und sitzen nicht mehr auf gepackten Koffern. Ich habe keinen Druck mehr innerlich, und die Kinder spüren das und wissen, dass sie bleiben dürfen.

Gibt es noch etwas, was Sie zum Abschluss sagen möchten?
Nein, außer, dass ich wirklich froh bin, meine Beraterin von Wellenbrecher zu haben. Schreiben Sie das bitte mit herein.

Das ist schön zu hören. Vielen Dank für das Interview!
Ich danke Ihnen.

*Die Namen wurden zur Wahrung der Anonymität von der Redaktion geändert.

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